Konzept Regionale 2003/2004
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Musik-Raum-Programm REGIONALE 2004
Plädoyer für eine programmatische Neubelebung
von Eberhard Kloke

 
           
   

Programme heute
Das Musikprogramm eines Hörfunksenders, das Konzertprogramm eines Philharmonischen Orchesters, das Spielplanprogramm eines Theaters, das Festspielprogramm eines Festivals gelten als Aushängeschild und inhaltliches Markenzeichen der betreffenden Institution.
Es zeigte sich jedoch - und dies nicht nur in den letzten Jahren -, daß Programme und Programmintentionen "ausgewogen, vielfältig, nach allen Seiten offen, leicht konsumierbar", für jede Klientel zu werden und zu sein hatten. Dieser Prozess war vor allem da zu beobachten, je etablierter und abgesicherter die jeweilige Institution geworden war. Das Interpretatorische und der durch Medien populär gemachte oder dem öffentlichen Starkult anheimgefallende Interpret geriet umso mehr in den Vordergrund je mehr die jeweilige Institution sich vom ursprünglichen Ausgangspunkt einer künstlerisch-inhaltlichen Neusetzung (= Auseinandersetzung mit Gegenwart) entfernte.

Das Programm verkauft die Ware Musik, das inhaltliche Programm oder die Intention in Sachen Musik wird zur Verpackung in mehr oder weniger verkaufsorientierter oder animierender Absicht. Da sich Verpackung und Inhalt einander immer mehr angleichen, da sich Publikums-Geschmack und Publikums-Bildung nivellieren, kann ein Musik-Programm nicht mehr existieren. Schlimmer noch: der Mangel als solcher wird gar nicht wahrgenommen (vgl. Anm.2, gegenüberliegende Spalte).

 
(*vgl. Anm. 2) Zwei Beispiele aus der Festspielwirklichkeit mögen unterschiedliche Programmansätze der etablierten Szene verdeutlichen:
1. Ein neueres internationales Festspiel ist geradezu ein Parade- und Musterbeispiel für die Verkommenheit unserer kulturpolitischen Sitten in der Verbindung von repräsentationslüsternem Größenwahn und eklatantem Defizit an Programmatischem. Die unausgesprochene Allianz von sogenannten Mäzenen, Wirtschaftlern, Politikern, Musikverantwortlichen und Publikum sorgt für den inhaltlich-programmatischen Ausverkauf und deckt den eigentlichen Zustand der SZENE auf.

2. Als immer wieder frappantes Beispiel mag ein weiteres, internationales Festspiel herhalten, das sich programmatisch von einem zeitgenössischen Musikfestival (1876) mit historisch einmaliger Innovationskraft (Programm: Neues Musiktheater, Neue Musik, Neue ästhetische Ausdurcksformen, Neue Rezeption) zu einem mehr oder weniger interessanten, höchst indifferenten - nach wie vor aber hochsubventionierten - Touristenfestival entwickelte. Seit dem 19. Jahrhundert existiert derselbe Stückekanon mit den last not least immer gleichen, nur selten innovativen Interpretations- und Rezeptionsriten und -ritualen, d.h. eine beliebig/additive = austauschbare Aneinanderreihung von Inszenierungen und typischen und untypischen Inszenierungsansätzen, die andernorts ebenso möglich sind und die diesem Festival mit wenigen Ausnahmen das Besondere, Exklusive und Richtungsweisende - im Sinne der ursprünglichen künstlerisch-konzeptionellen und organisatorischen Intention des Erfinders und Gründers - nehmen.

 
     
       
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